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I.M. Austria: Gemeinsam statt einsam

Die I.M. Austria ist die unabhängige Interessengemeinschaft der Messe-und Live-Marketing-SpezialistInnen in Österreich mit Unternehmen aus der temporären Architektur, der dreidimensionalen Kommunikation, des Live-Marketing und der technischen Dienstleister, Messeveranstalter und Locationanbieter. Sie vertritt die Interessen aller ihrer Mitglieder in ihrer gesamten Bandbreite nach außen. Vorstandssprecherin Birgit Hölzl-Zech, MBA im Business Talk mit Monika von Pechmann.

Birgit Hölzl-Zech, MBA Vorstandssprecherin I.M. Austria
© I.M. Austria

Messe & Event: Wie steht es um die Branche der österreichischen Messe- und Veranstaltungsdienstleister derzeit?

Birgit Hölzl-Zech: Obwohl sehr ausgeklügelte Konzepte bereit zum Einsatz stehen um Risiken zu minimieren, liegt es weiterhin am allgemeinen Pandemiegeschehen und an der Einschätzung der Politik, Veranstaltungen wieder zu erlauben.  Wir rechnen mit ersten kleineren Aufträgen im 2. Quartal. Veranstalter stehen bereits in den Startlöchern, im 2. Quartal wieder Präsenzmessen zu veranstalten. Allerdings gibt es weiterhin schrittweise Absagen.

Die Unternehmen der österreichischen Messe- und Veranstaltungsdienstleister sind daher naturgemäß weiter stark unter finanziellem Druck. Besonders jetzt auch jene, die verantwortungsvoll agieren und Mitarbeiter in Kurzarbeit weiter beschäftigen, da Weihnachts-/Urlaubsgelder, Abbau von Urlaubstagen und auch Krankenstände vermehrt die Finanzlage belasten. Denn diese Kosten werden vom AMS nicht übernommen.

Die Büros, Lager und Archive sind inzwischen wohl bei allen Unternehmen top aufgeräumt, die Geräte und Messesysteme gewartet und alle warten und freuen sich auf den nächsten Einsatz. Kundenseitig werden ebenfalls erste Überlegungen getroffen und Pläne erstellt, denn neue Produkte und Entwicklungen wollen vorgestellt, neue Kunden und Märkte erschlossen werden. Menschen warten darauf, sich wieder persönlich austauschen zu können. Das spüren wir bei der I.M. Austria sehr stark.

Gibt es einen „Silberstreif am Horizont“?

Wir in der I.M. Austria sehen die Zukunft sehr positiv, auch wenn die nächsten Monate noch sehr schwierig werden. Es gibt eigentlich zwei Silberstreifen am Horizont.

Einerseits gibt es bereits gute Entwicklungen im virtuellen Sektor. Viele Unternehmen haben die Chancen genutzt, Techniken auszutesten und ein professionelles Team für virtuelle Auftritte zusammen zu stellen. Besonders unsere Mitgliedsunternehmen haben hier starke Kompetenzen aufgebaut und tauschen sich dazu auch aus, um für bestimmte Aufträge und Anforderungen Best Practice Lösungen bieten zu können. Große Unternehmen sind sehr daran interessiert, Schulungen, große Konzernveranstaltungen oder Messeauftritte virtuell abzuwickeln. Unsere Mitgliedsbetriebe können hier in Beratung und Ausführung viele Wünsche erfüllen.

Diese Möglichkeiten werden sich auch in Zukunft weiter entwickeln, wohl parallel zu Präsenzveranstaltungen. Denn Menschen wollen sich treffen, austauschen, Geschäftskontakte lukrieren – und das lieber persönlich als virtuell, aber auch virtuell, wenn damit große Vorteile wie niedrigere Reisekosten und Reisezeiten verbunden sind. Auch im Bezug auf den Umweltgedanken kann ein Unternehmen durch Veranstaltungen in der virtuellen Welt punkten, wenn damit Flugreisen eingespart werden können.

Andererseits gibt es natürlich die Hoffnung, dass Messen und andere Veranstaltungen wie Kongresse, Firmenevents und ähnliche Instrumente des Live-Marketings, ab September 2021 ein Comeback feiern dürfen. Mit einer zunehmenden Durchimpfungsrate der Menschen in der Wirtschaft, gepaart mit den bereits vorhandenen Sicherheitskonzepten, erwarten wir, dass Live-Marketing wieder seinen hohen Stellenwert zurückerobert. Seitens der Messe-/Kongressorganisatoren, der Aussteller und Teilnehmer, aber auch der Besucher. Hier wird es sicher spannende Entwicklungen geben, da die virtuellen Kompetenzen einfließen werden.

Mit welchen Überlebensstrategien gehen Ihre Mitgliedsbetriebe ins Jahr 2021?

Ein starker Schwerpunkt auf Kostenmanagement ist und bleibt weiterhin die Basis um die Unternehmen liquide genug für den Revival zu halten. Wir erwarten, dass viele Unternehmen dieses Jahr auf eine schwarze Null kommen, mit sehr guten Ausblicken in das Jahr 2022. Ohne Unterstützung durch die Bundesregierung und unsere Wirtschaftsvertreter ist dies jedoch sicher nicht möglich.

Die meisten Betriebe werden erst 2022 finanziell wieder unabhängig sein und mit der Aufarbeitung der Rückstände und Schulden beginnen können – auch hier wird die Politik und auch unsere Vertretungen in der Wirtschaft gefordert sein, diesen Rahmen zu ermöglichen. Zuerst müssen ja Investitionen getätigt werden, um die Unternehmen, die praktisch für rund 1,5 Jahre stillgelegt waren, wieder zu aktivieren. Dabei geht es um Fahrzeuge und Geräte, die gewartet und wieder angemeldet werden, um MitarbeiterInnen, die wieder eingestellt und mit ersten Projekten auch oft eingeschult werden müssen. Unsere Branche ist sehr personalintensiv, die Teams müssen erst wieder neu aufgebaut werden. Diese Kosten sind zu stemmen, bevor an Rückzahlungen gedacht werden kann. Andernfalls können Aufträge nicht in der gewohnten Qualität abgewickelt und damit auch die Finanzen nicht aufgestockt werden.

Wie begründet ist die Furcht, dass Fachkräfte in andere Wirtschaftszweige abwandern könnten?

Natürlich ist ein Abwandern von Fachkräften zu einem gewissen Teil nicht zu verhindern. Die Arbeit in der Live-Marketing-Branche ist aber für viele Menschen eine sehr abwechslungsreiche und schöne Aufgabe und wenn ein gutes Betriebsklima besteht, dann ist diese Mischung für viele Menschen eine gute Perspektive. Es gibt viel Stress, wenn Projekte kurz vor der Fertigstellung stehen, aber auch Phasen mit viel Freizeit, wo Stunden wieder abgebaut werden. Vor allem erlebt man viel persönliches Feedback – wenn ein Messestand fertig gebaut wurde und übergeben wird, wenn ein Event perfekt nach Plan abläuft und man weiß, dass man als Team dafür verantwortlich ist, wenn Kunden und Besucher zufrieden sind. Es gibt wohl nicht oft so geregelte Arbeitszeiten wie in anderen Branchen, aber genau das macht auch den Reiz für viele aus. Live-Marketing ist auf allen Betriebsebenen eine vielseitige Aufgabe, aber auch mit ausreichend standardisierten Abläufen.

Welche Reaktion erhielten Sie auf Ihre „Dringende Bitte um Soforthilfe für die österreichischen Messe- und Veranstaltungsdienstleister“ vom 20. 3. 2020 ? Welche Hilfen wurden von der Politik angeboten, welche Hilfen kamen bei den Unternehmen an?

Zu unserer dringenden Bitte von März erhielten wir positives Feedback von der Wirtschaftskammer. Unsere Schreiben haben sicher dazu beigetragen, ein Verständnis für unsere Branche zu erwirken. Wir alle – ob Messeveranstalter, Messedienstleister und Werbearchitekten, weitere Dienstleister wie Großdrucker, Dolmetschbüros, Technikunternehmen – arbeiten immer im Hintergrund. Denn unsere Kunden sollen im Rampenlicht stehen. Zusätzlich sind wir in verschiedenen Wirtschaftskammer-Fachgruppen aufgesplittet. Hier einen Überblick über die Branche zu geben, wie wir es gemacht haben, war sicher für alle hilfreich.

Die Hilfen für die Unternehmen kamen spät und waren für viele eine Hürde. Die größte Herausforderung war wohl, nicht zu wissen, wann welche Hilfen tatsächlich ausgezahlt werden. Ein Unternehmen muss mehrere Monate im Voraus die Finanzen planen können. Das war schwierig. Fast noch schwieriger waren die Herbstmonate, da die erwarteten Umsätze fast zur Gänze wieder den Pandemiemaßnahmen zum Opfer fielen.

Nur durch die laufenden Unterstützungen der Regierung ist es derzeit möglich, Pläne für die Zukunft zu machen. Denn es ist klar, dass das erste Halbjahr, das für unsere Branche immer den finanziellen Polster für die Fixkosten des gesamten Jahres bedeutet, auch 2021 wegfällt. Umsatzersatz und Fixkostenersatz sind derzeit, neben Kurzarbeit, ganz wichtige Instrumente.

Es geht nun darum, weitere Finanzhilfen zu erhalten, um Unternehmen, die 2020 als gesunde Betriebe in die Pandemiezeit schlitterten, auch die Perspektive zu geben, ab Mai, oder zumindest September wieder ihre Tätigkeit aufnehmen zu können. Andernfalls werden Dienstleister aus anderen Ländern die Lücke füllen und unsere Unternehmen und Arbeitsplätze gehen langfristig verloren. Damit geht natürlich auch das Knowhow in Österreich verloren. Denn es ist klar: Live-Marketing – Fachmessen, Kongresse und andere Veranstaltungen – sind ein Rückgrat der Wirtschaft: oft kaum beachtet, aber wesentlich für Wirtschaftswachstum und Export!

Ist die „allgemeine Stimmungslage“ eher pessemistisch oder eher optimistisch?

Auch wenn noch herausfordernde Monate vor uns liegen: wir sind definitiv positiv gestimmt. Es gibt Aufbruchsstimmung und Perspektiven, auch von Seiten unserer Kunden vermehrt Anfragen. Die Menschen sehen ein Ende der aktuellen Beschränkungen am Horizont.

Vielen Dank für das Gespräch!

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