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Veranstaltungsbranche warnt vor ausufernden Sicherheitsauflagen

Steigende Sicherheitsauflagen und wachsende Kosten führen dazu, dass Weihnachtsmärkte und Feste abgesagt werden. Die Branche warnt: So wird nicht nur Sicherheit, sondern auch öffentliches Leben aufs Spiel gesetzt. © www.freepik.com

Weihnachtsmärkte, Stadtfeste und Kulturveranstaltungen geraten zunehmend unter Druck: Kommunen verlangen umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen, deren Kosten häufig an die Veranstalter weitergereicht werden – selbst ohne konkrete Gefährdungslage. BDKV und Forum Veranstaltungswirtschaft warnen vor den Folgen dieser Praxis für das öffentliche Leben und fordern eine klare staatliche Verantwortung in der Terrorabwehr sowie nachvollziehbare, risikoorientierte Auflagen.

Während in vielen Städten die Weihnachtsmärkte öffnen, bleiben andere Plätze dunkel: In Kommunen wie Overath oder Tüßling werden Märkte abgesagt, weil Veranstalter die gestiegenen Sicherheitskosten nicht mehr tragen können. Der BDKV – Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft – und das Forum Veranstaltungswirtschaft warnen vor Sicherheitsanforderungen, die vielerorts ohne konkrete Gefährdungsanalyse angeordnet und mit erheblichen Kosten an Veranstalter weitergereicht werden. Die Verbände fordern klare Zuständigkeiten, verhältnismäßige Maßnahmen und ein klares Bekenntnis des Staates zu seiner Verantwortung in der Terrorabwehr.

Staatliche Aufgabe statt Kostenabwälzung

Immer häufiger verlangen Genehmigungsbehörden Poller, Zufahrtssperren oder eine rund um die Uhr gesicherte Logistik – selbst dann, wenn keine konkrete Gefährdungslage vorliegt. Betroffen sind Stadtfeste, Sportevents, Kulturveranstaltungen und aktuell besonders Weihnachtsmärkte. Die Verantwortung für diese Sicherheitsmaßnahmen wird von Behörden zunehmend an die Veranstalter delegiert – mit massiven Kostenfolgen und aus Sicht der Verbände oft ohne belastbare rechtliche Grundlage.

BDKV-Geschäftsführer Johannes Everke betont: „Terrorabwehr ist staatliche Aufgabe. Gerichte haben deshalb klar entschieden, dass die Maßnahmen gegen derartige Angriffe nicht pauschal den Veranstaltenden auferlegt werden dürfen. Die Öffentliche Hand soll sich zu ihrer Rolle bekennen: Jede angeordnete Maßnahme muss juristisch verhältnismäßig sein – also geeignet, erforderlich und angemessen. Eine allgemeine Terrorgefahr ist dagegen nicht veranstaltungsspezifisch – und deshalb ist die derzeitige Praxis rechtlich wie politisch nicht haltbar.“

Absagen gefährden das gesellschaftliche Leben

Die Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft zeigen sich bereits: Erste Weihnachtsmärkte werden abgesagt, weil Sicherheitsauflagen finanziell nicht umsetzbar sind. Frühere Beispiele reichen vom Karnevalsumzug in Marburg bis zum Dresdner Dixieland Festival.

Everke warnt vor den Auswirkungen solcher Entscheidungen: „Wenn öffentliche Veranstaltungen, wie Weihnachts- oder Wintermärkte, Vereins- oder Stadtfeste aus Kosten- oder Sicherheitsgründen abgesagt werden müssen, verlieren die Städte und Gemeinden wichtige Orte der Begegnung und des sozialen Miteinanders. Solche Ausfälle schwächen das lokale Zusammenleben, benachteiligen den regionalen Handel und nehmen Menschen niederschwellige kulturelle Angebote. Langfristig entstehen so Lücken, in denen soziale Isolation und gesellschaftliche Spannungen leichter wachsen können.“

Gemeinsame Lösungen statt pauschaler Maßnahmen

BDKV und Forum Veranstaltungswirtschaft plädieren dafür, Sicherheit differenziert und risikobasiert zu denken – und nicht aus allgemeiner Verunsicherung heraus. Die Leitlinien der Verbände:

  • Sicherheitsanforderungen müssen risikoorientiert erfolgen, nicht aufgrund einer abstrakten allgemeinen Gefährdungslage.

  • Die Zuständigkeit bei Gefahren außerhalb des Verantwortungsbereichs von Veranstaltern muss eindeutig bei den Gefahrenabwehrbehörden liegen.

  • Das Sicherheitsgewerbegesetz (SiGG) benötigt klar definierte Begriffe, eine verlässliche Abgrenzung zu Serviceleistungen sowie eine veranstaltungsspezifische Qualifizierung, um Rechtssicherheit zu schaffen.

  • Es bedarf einer bundesweit einheitlichen Form der Risikobewertung, damit Sicherheitsanforderungen nachvollziehbar, vergleichbar und verlässlich sind – unabhängig vom Ort einer Veranstaltung.

Inhaltlich decken sich diese Positionen mit den Empfehlungen des Bundesverband Veranstaltungssicherheit e.V. (BVVS), der ebenfalls vor pauschalen Zufahrtsschutzforderungen warnt und risikoorientierte, angemessene Maßnahmen einfordert.

Die Branche steht bereit – jetzt ist die Politik gefordert

Die Veranstaltungswirtschaft verweist auf ihre langjährige Zusammenarbeit mit Politik und Sicherheitsbehörden. Everke resümiert:„Wir arbeiten seit Jahren konstruktiv mit Politik und Sicherheitsbehörden zusammen. Die Sicherheitskonzepte der Veranstaltenden sind erprobt und werden im ständigen Austausch mit den Behörden erfolgreich umgesetzt. Dieses Teamwork brauchen wir jetzt auch für Lösungen, die Sicherheit gewährleisten, ohne die öffentliche Kultur zu gefährden. Bund, Länder und Gemeinden sind in der Verantwortung – und wir leisten unseren Beitrag.“

Mit der anstehenden Überarbeitung des Sicherheitsgewerbegesetzes bleibt das Thema eines der zentralen politischen Handlungsfelder für die Veranstaltungswirtschaft. BDKV und Forum Veranstaltungswirtschaft wollen den Prozess weiterhin mit Expertise und konkreten Vorschlägen begleiten.

Am Ende steht für die Verbände ein klares Ziel: Sicherheit gewährleisten, ohne lebendige öffentliche Kultur und gesellschaftliche Teilhabe zu opfern.

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